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CD-Kritik Pink Floyd - Wish You Were Here

Interpret: Pink Floyd

Titel: Wish You Were Here

Erscheinungsjahr: 1976

Genre: Space Rock, Psychedelic Rock

Bewertung: 8 von 10  (8/10)

 

Rezension/Review

Wish You Were Here ist das neunte Studioalbum der Band Pink Floyd. Das Album erschien im Jahr 1975 nach dem legendären Album Dark Side Of The Moon. Von den Chartplatzierungen her gesehen war Wish You Were Here erfolgreicher als der Vorgänger, immerhin erreichte das Album sowohl in den USA als auch im UK Rang 1 der Charts. Das Album verkaufte sich aber nicht ganz so gut und wurde von Kritikern in der Regel weniger gut bewertet. Allerdings genießt es unter Pink Floyd Fans Kultstatus und wird häufig zu den besten Pink Floyd Alben gezählt.

Die Entstehungsgeschichte des Albums ist interessant. Der überwältigende Erfolg von Dark Side Of The Moon schien die Musiker zu überfordern. Roger Waters stellte in einem Interview fest:

Wir hatten damals alle unsere Ziele erreicht. Man wünscht sich als Musiker, die Nummer 1 in den Billboard Charts zu sein. Sobald man das geschafft hat, hat man alle Ziele erreicht.

Und Rick Wright konstatierte:

Plötzlich war aus der Band ein Produkt geworden, viel Zeit ging nur noch für geschäftliche Dinge drauf. Die Musik trat plötzlich in den Hintergrund.

Alle Musiker zollten der Berühmtheit und dem auf ihnen lastenden Druck in ähnlicher Weise Tribut, sie zogen sich zurück und kümmerten sich mehr um eigene Dinge und weniger um die Band. So entfremdeten sich die vier Musiker auch immer mehr. Um dem Erfolgsdruck auszuweichen, wollte sich die Band bewusst verweigern. Die Band plante daher ein Album, welches nur durch die Instrumentalisierung von Haushaltsgeräten erzeugt werden sollte. Zu dem Album , Arbeitstitel "Household Objects", kam es jedoch nicht. Die Band beugte sich letztlich doch dem Druck und ging wieder auf Tournee. In der Folge entstand die Idee zum Opus Shine On. Der sollte mit ca. 26 Minuten der längste Pink Floyd Track bislang werden und eine Plattenseite einnehmen. Dazu gab es Ideen für zwei weitere Songs. David Gilmour konnte sich jedoch mit dieser Idee nicht gegen seine Kollegen durchsetzen. Die beiden Songs Raving And Drooling und Gotta Be Crazy wurden verworfen, Teile davon wurden auf dem Folgealbum Animals in den Songs Dogs und Sheep verarbeitet. Eine gewisse Initialzündung für das Album scheint das legendäre Anfangsarpeggio von Shine On You Crazy Diamond gewesen zu sein. Die Idee kam David Gilmour angeblich, als er auf der Gitarre herumklimperte. Für Roger Waters soll das den Geist der Vergangenheit heraufbeschwört haben. Der hatte auch einen Namen - Syd Barrett. Plötzlich war der ehemalige Mitmusiker, zunächst nur im Geist, präsent. Die Musiker mussten zur Kenntnis nehmen, dass ihr Verhältnis zu Barrett und seiner Entlassung nie abgearbeitet wurde. Unter dem Eindruck dieser Ereignisse enstanden die weiteren Songs. Thematisch wurden somit die Entfremdung innerhalb der Band, der Druck der Musikindustrie und das Verhältnis zu Syd Barrett zu zentralen Themen dieses Albums. Dies schlug sich nieder in der Musik und vor allem in den Texten.

Viele Songs gibt es nicht gerade auf dem Album. Im Zentrum des Geschehens stehen die beiden Shine On You Crazy Diamond Tracks. Sie bilden das musikalische Rückgrat des Albums. Auch inhaltlich sind diese Songs sehr wichtig, denn sie sind dem langjährigen Mitstreiter Syd Barrett (er stellt den Crazy Diamond dar) gewidmet. Als ob er es gespürt hätte, tauchte er während des finalen Mixes kurz im Studio auf, um genauso schnell wieder zu verschwinden. Die ehemaligen Mitstreiter sprachen von einer fast geisthaften Erscheinung. Rick Wright äußerte später:

Warum kommt er gerade dann ins Studio, als wir über ihn einen Song geschrieben haben? Das war eine verdammt seltsame Begebenheit

Beide Songs sind mehr als bemerkenswert. Der Opener Shine On You Crazy Diamond brilliert mit sphärischem Anfang und extrem schöner Gitarrenarbeit von Herrn Gilmour. Der steuert auch das eingangs erwähnte sphärische Arpeggio bei, dessen Thema dann dramatisch gesteigert wird. Auch der Gesangsteil steht der Arbeit von Dark Side Of The Moon in nichts nach. Das Outro ist klasse, das Saxofon (gespielt von Dick Parry) erzeugt Gänsehaut. Auch der zweite Teil der Suite (Parts VI–IX) steht dem in nichts nach. Der Aufbau ist etwas anders. Aus meiner Sicht klingt der zweite Teil sogar etwas besser. Vor allem die Slidegitarrenparts scheinen von einer anderen Welt zu sein. Die Keyboardsequenz im Outro klingt interessant und greift ganz kurz ein Thema des alten Songs See Emily Play auf. Vielleicht sollte das noch einmal an Syd Barrett erinnern. Der Song Shine On You Crazy Diamond machte Roger Waters, nach eigenen Aussagen, in besonderer Weise die Entfremdung der Musiker untereinander klar. Vielleicht wirkt er deshalb auch stellenweise so emotional und intensiv.

Die anderen Songs können mit Shine On You Crazy Diamond nicht mithalten, sind aber weit davon entfernt, schlecht zu sein. Welcome To the Machine besitzt nach Aussage Gilmours eigentlich keine klassische Songstruktur. Er basiert vor allem auf der vorhandenen Technik, der EMS VCS 3 Synthie kam hier zum Einsatz. Der Song besteht aus Soundcollagen, zu denen Gilmour später noch Parts auf 6- und 12-String Gitarre einspielte. Am Anfang wabert und brodelt der Song vor sich hin. Alles klingt bewusst bedrohlich und mechanisch. Zum Schluss werden in Musique Concrete Manier Sprachfetzen einer Party eingestreut. Sie sollten nach Aussage Waters der Leere Ausdruck zu geben, welche gerade solchen Zusammenkünften von Menschen zu eigen sein kann. Der Song ist auch als eine Anklage gegen das Musik-Business, genauer der Musik-Maschinierie, zu werten. Hier legt Have A Cigar noch nach. Der Song stellt inhaltsleere Worthülsen eines Plattenbosses dar. Musikalisch klingt das leicht funky und bluesig. Gesungen wird der Song von Roy Harper, weil David Gilmour nicht mehr in der Lage war, den Track ordentlich einzusingen. Der Song leitet über in die Radiosounds von Wish You Were Here, dann setzt die über Radio gespielte Akustikgitarre ein. Das Intro ist kultig, auch der folgende akustische Track ist Kult und zählt heute zu den Klassikern der Band. Textlich gibt es laut Rogers Waters zwei Deutungen des Songs. Zum einen spielt die geistige Abwesenheit aller Musiker hinsichtlich des Bandgefüges eine Rolle, Waters meinte später einmal, der Song hätte auch Wish We Were Here heißen können. Andererseits beziehen die Musiker die Kernaussage auch konkret auf Syd Barrett.

Fazit Wish You Were Here ist ein bemerkenswertes Album. Die ganze Geschichte rund um das Album ist interessant und spannend. Selten habe ich von Pink Floyd eine so gelungene Mischung von sphärischen und psychedelischen Ideen gepaart mit eingängigen Ideen gehört. Das Album stellt daher m. E. auch eine Steigerung gegenüber Alben wie Meddle und Dark Side Of The Moon dar. Es wurde in einer der schwierigsten Bandphasen geschrieben und gehört doch wie das folgende Animals zum Besten, was man von Pink Floyd zu Hören bekam.

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Trackliste
  1. Shine On You Crazy Diamond (Parts I–V) 13:38
  2. Welcome to the Machine 7:30
  3. Have a Cigar 5:24
  4. Wish You Were Here 5:17
  5. Shine On You Crazy Diamond (Parts VI–IX) 12:29

Rezensent: MP