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Albumbesprechung Procol Harum - A Salty Dog

Interpret: Procol Harum

Titel: A Salty Dog

Erscheinungsjahr: 1969

Genre: Art-Rock, Prog-Rock, Blues-Rock

Bewertung: 8 von 10  (8/10)

 

Rezension/Review

A Salty Dog ist ein Album der Band Procol Harum. Das Album erschien im Jahr 1969.

A Salty Dog war damals einigermaßen erfolgreich, in Großbritannien ging es bis Rang 27 der Albumcharts, der ausgekoppelte Titelsong erreichte Rang 44 der Singlecharts. Heute zählt man das Album zu den Meilensteinen der Rockmusik.

Neben den Hauptcharakteren Gary Brooker (Keyboards, Gesang, Celeste, Drei-String Gitarre, Bells, Harmonica, Recorder, Wood), Robin Trower (Gitarren, Gesang, Sleigh Tambourine) und Matthew Fisher (Orgel, Gesang, Marimba, Rhythmus-Gitarre, Piano) waren Bassist David Knights, Texter Keith Reid und Drummer Barrie Wilson beteiligt. Die Orchesterarrangements stammen von Gary Brooker und Matthew Fisher.

Die Band bzw. Texter Reid lösten sich auf dem Album etwas von den kryptischen Texten, die man immer mal wieder bemängelte. Fachblätter wiederum goutierten die Texte auf A Salty Dog dafür als "zu vorhersehbar". Na ja, jedem kann man es eben nicht recht machen. Die Band nutzte für die Aufnahmen neue Soundeffekte und Technologien und setzte stellenweise auf üppig orchestrierte Arrangements.

Etwas Besonderes war die Situation innerhalb der Band. Nach den Aufnahmen gingen Matthew Fisher und David Knights. Fisher klagte seit 1967, dass man die ihm zustehende Erwähnung zu den Credits des Megasellers A Whiter Shade Of Pale verwehrt hatte. So richtig verwunden hatte er das nie, er wollte die Band nach eigenem Bekunden mehrfach verlassen. Interessanterweise agierte er auf diesem letzten Album mit seiner Mitwirkung als Produzent, was nicht von jedem Kritiker positiv bewertet wurde. Manche Fachleute munkelten sogar, dass er aus verletztem Stolz die Produktion bewusst schlecht gemacht hätte. Wer weiß. Hauptgrund für Fishers Gram und zweifellos auch für Trowers unterschwellige Unzufriedenheit war die Dominanz Gary Brookers. Fisher sprach in einem Interview von einer One-Man Band, für welche die anderen nicht mehr als eine Backing Band waren. Brooker wiederum bemängelte später in Interviews, dass Fisher ein sehr unsteter Charakter war.

Er (Fisher) wollte nicht mehr touren, wenn Fisher einen Part aufgenommen hatte, verlor er kurz später das Interesse daran. Irgendwann kam er dann an, und wollte alle Orgelparts runternehmen und dafür Rhythmusgitarre spielen, eine Woche später wollte er das ganze Material neu aufnehmen…

Auch Trower hatte sicherlich so seine Probleme mit der Dominanz Brookers. Er wollte in eine bluesige gitarrenlastige Richtung. Ähnliches kannte man von Mick Abrahams bei Jethro Tull. Auch Trower konnte sich nur verwirklichen, indem er Procol Harum nach dem Album Broken Barricades verließ (nicht ohne darauf ein Tribut an Jimi Hendrix zu hinterlassen).

Die ganzen Spannungen führten aber nicht dazu, dass A Salty Dog ein schlechtes Album wurde. Eigentlich war das Gegenteil der Fall. Das Album war ein abwechslungsreiches, wenn auch stellenweise untypisches Harum Album. Man hatte manchmal das Gefühl, es wurde ein Album von drei Künstlern: Brooker, Fisher und Trower. Aber auch hier blieb Brooker letzten Endes bestimmender Faktor. Er schrieb vier Songs alleine (mit Texter Reid versteht sich) und je einen mit Fisher und Trower. Außerdem sang er auf sechs Songs, was dem Album gut getan hat.

Die Songs

  • Der Titelsong "A Salty Dog" ist ein monumentaler Rocksong, mit dem die Band (genauer gesagt Brooker) eine frühe Duftmarke des Art-Rock setzte. Zweifellos einer der Kernsongs der Bandgeschichte.
  • "Milk Of Human Kindness" ist die nächste Brooker Komposition. Der Song erinnert mit dem Honky Tonk Piano und der prägnanten Gitarrenlinie an die 1930er. Ein angenehm lockerer Song, der gänzlich auf Symphonisches verzichtet.
  • "Too Much Between Us" ist ein Song von Brooker und Trower. Wieder ein ganz anderer Song, ein folkiger Song im Walzertakt. In den Gesangsharmonien erinnert das an Bands wie die Incredible String Band, in einigen Solopassagen erinnert Brooker an Peter Gabriel. Gerade in diesen Passagen mit der Orgelunterstützung nehmen Procul Harum hier etwas des späteren Genesis-Sounds vorweg.
  • "The Devil Came From Kansas" ist ein Song mit einer wunderbaren Energie, die man dem variablen Drumming von BJ Wilson ebenso zuschreiben muss wie dem grandiosen Brooker.
  • Der letzte Brooker Beitrag auf dem Album ist der Song "All This and More". Ein Song, der nahe an alten Procol Harum Sounds liegt und entfernt an Homburg erinnert (ohne jedoch dessen Klasse zu erreichen)
  • "Boredom" ist eine Gemeinschaftsproduktion von Brooker und Matthew Fisher, ein ungemein freundlicher, fröhlicher und netter Song, der mit der Instrumentierung wie ein Mix aus Calypso und Kinderlied klingt.
  • "Wreck of the Hesperus" ist eine von zwei Fisher Kompositionen. Die durchgehende Pianofigur wirkt wie eine endlose Fingerübung, passt aber gut ins Konzept. Etwas überladen wirkt die wagnereske Orchestrierung. Dennoch ein gut zu Procol Harum passender Song, vielleicht wäre die Wirkung mit dem Sänger Brooker noch besser gewesen.
  • "Pilgrim's Progress" ist die zweite Fisher Komposition. Es ist wieder ein relativ typischer Procol Harum Song mit Orgelsounds, wie man sie von A Whiter Shade kennt. Eigentlich wieder ein gelungener Song, aber erneut wirkt Fishers Gesang etwas farblos.
  • "Juicy John Pink" ist ein Song von Robin Trower, ein Blues, der an den Country-Blues eines Muddy Waters erinnern soll. Gut gemacht, aber irgendwie passt das nicht zum Rest des Materials.
  • Ähnliches gilt für "Crucifiction Lane", den zweiten Trower Song des Albums. Es ist gleichzeitig einer der wenigen Songs, den Trower für Procol Harum eingesungen hatte. Wo bei Juicy John Pink Muddy Waters Pate stand, ist das hier Otis Redding. Wieder ein guter soul-bluesiger Song, der aber erneut nicht optimal zum Rest passt und auch hier wäre mit Brooker am Mikro mehr drin gewesen.

Fazit A Salty Dog ist ein zentrales Album in der Diskographie von Procol Harum. Zu der Zeit knisterte es scheinbar enorm in der Band. Nach dem Album gingen Matthew Fisher und Knights. Chef im Ring war Gary Brooker, obwohl gerade hier jeder die Möglichkeit hatte, sich als Songwriter einzubringen. Beim Hören wird aber klar: die stärksten Tracks stammen von Brooker. Dabei sind Fishers und Trowers Beiträge nicht schlecht (in allen Fällen sollte man nicht unerwähnt lassen, dass Keith Reid als Texter stets Co-Autor ist!). Fishers Gesangsqualität kommt aber bei weitem nicht an Brooker heran und die bluesigen Trowerbeiträge passen einfach nicht optimal zum klassischen Procol Harum Sound. Dem Hörer kann es egal sein, er erhält ein interessantes und vielschichtiges Album und genau genommen einen der Klassiker des Art-Rock. Und immer, wenn Brooker das Mikro zur Hand nimmt, gibt es eine Portion Gänsehaut gratis.

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Trackliste
  1. The Milk of Human Kindness&xnbsp;3:47 (Gary Brooker/Keith Reid)
  2. Too Much Between Us&xnbsp;3:45 (Gary Brooker/Robin Trower/Keith Reid)
  3. The Devil Came From Kansas&xnbsp;4:38 (Gary Brooker/Keith Reid)
  4. Boredom&xnbsp;4:34 (Gary Brooker/Matthew Fisher/Keith Reid)
  5. Juicy John Pink&xnbsp;2:08 (Robin Trower/Keith Reid)
  6. Wreck of the Hesperus&xnbsp;3:49 (Matthew Fisher/Keith Reid)
  7. All This and More&xnbsp;3:52 (Gary Brooker/Keith Reid)
  8. Crucifiction Lane&xnbsp;5:03 (Robin Trower/Keith Reid)
  9. Pilgrim's Progress&xnbsp;4:32 (Matthew Fisher/Keith Reid)

Bonustrack 1999 Reissue

  • Long Gone Geek&xnbsp;
  • All This And More
  • The Milk Of Human Kindness (instrumental version)
  • Pilgrim's Progress (instrumental version)
  • McGreggor
  • Still There'll Be More

Bonustracks 2009 Release

  • Long Gone Geek (Reid/Brooker/Fisher)
  • Goin' Down Slow (James B. Oden) (live USA, April 1969)
  • Juicy John Pink (Trower/Reid) (live USA, April 1969)
  • Crucification Lane (Trower/Reid)(live SA, April 1969)
  • Skip Softly (My Moonbeams) / Also Sprach Zarathustra (Brooker/Reid)/(Richard Strauss)(live USA, April 1969)
  • The Milk of Human Kindness (Brooker/Reid)

Rezensent: MP