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Albumbesprechung Mitch Ryder - Live At Rockpalast 1979 + 2004

Interpret: Mitch Ryder

Titel: Live At Rockpalast 1979 + 2004

Erscheinungsjahr: 2012

Genre: Rock, R&B, Soul-Rock

Bewertung: 8 von 10  (8/10)

 

Rezension/Review

Mitch Ryder Live At Rockpalast 1979 + 2004 ist eine weitere Veröffentlichung aus dem Rockpalast Archiv, die als Doppel-DVD bzw. 3-fach CD am 29.06.2012 über MIG veröffentlicht wurde. Enthalten sind die Auftritte von Mitch Ryder während der 5. Rockpalast Nacht 1979 in der Grugahalle Essen sowie ein Auftritt aus dem Jahr 2004 in Burg Satzvey.

Die klassischen Rockpalast Konzerte zähle ich in der Regel zu den Highlights der 1970er Jahre, nicht alle, aber die Mehrzahl. Die 5. Rockpalast Nacht macht da keine Ausnahme und der Auftritt von Mitch Ryder gehört zu den denkwürdigsten der frühen Rockpalast Jahre (dazu unten mehr).

Mitch Ryder wird gemeinhin als der Rocker aus Detroit bezeichnet. Der, nach eigenen Angaben, von Little Richard beeinflusste Sänger konnte sich erste Meriten in der US-Autostadt verdienen, als er mit seiner Combo Tempest in einem Soul-Club in Detroit auftrat. Ende der 1960er entstand die Band Mitch Ryder And The Detroit Wheels, die einige Charterfolge feiern konnten. Trotz nachlassender Erfolge blieb Mitch Ryder stets als einer der großen modernen Rock'n'Roller bzw. rockigen Soulsänger präsent.

DVD 1 - 5. Rockpalast Nacht 6.-7.10.1979 Grugahalle Essen

Ryder war in Deutschland nicht mehr als ein Geheimtipp, als man ihn zur 5. Rockpalast Nacht 1979 holte. Die Macher des Rockpalast hatten einmal mehr ein gutes Gespür und machten Mitch Ryder mit einem Schlag in Deutschland bekannt. Die Verkaufszahlen seiner Alben zogen nach dem Konzert spürbar an. Dabei schien anfangs nicht alles glatt zu laufen. Kurz vor dem Auftritt, so kann man in den Annalen lesen, kam es zu einem heftigen Streit in der Garderobe. Dabei verfehlt eine geworfene Gitarre Mitch Ryder knapp. Alan Bangs versuchte, ein Interview mit Ryder zu führen. Ryder sabotierte das Interview, indem er auf die meisten Fragen mit eher unzusammenhängenden Gegenfragen antwortete. Ryder zeigte sich in jeder Form als Rock'n'Roller, unberechenbar und hochnäsig. Was folgte, war ein erstaunlich gutes Konzert eines formidablen Rock'n'Roll Sängers.

Alan Bangs betrachtete die Geschehnisse in seinen Erinnerungen philosophischer:

Meiner Meinung nach war sein Auftritt in jener Nacht eine der besten Vorstellungen, die ich je erlebt habe … Einer dieser Momente kam bei "Ain't Nobody White Can Sing The Blues", und heute noch läuft mir jedesmal, wenn ich daran denke, ein Schauer über den Rücken. … Er offenbarte nicht nur die Spannung, die während des ganzen Konzertes zwischen Mitch Ryder und seiner Band bestand, sondern auch die zwischen Williard Levise (Ryders wirklicher Name) und seinem Alter Ego, dem schon genannten Mitch Ryder, nicht zu vergessen das gespannte Verhältnis zu seinem Publikum. … Manchmal tat es einem richtig weh, es mit anzusehen; es war schon fast zuviel. Manche Leute behaupteten nachher, dass Ryder zu weit gegangen war, dass er den Leuten mehr offenbart hatte, als ihnen zuzumuten war. Sie sagten auch, er hätte sich vor Millionen von Fernsehzuschauern lächerlich gemacht. Sie waren peinlich berührt und wandten sich ab. Ich glaube sie haben etwas verpasst.

Keyboarder Billy Csernits machte auch die Vorbereitung verantwortlich. Man holte die Jungs eine Woche früher nach Deutschland, um sich an das Land zu gewöhnen. Dazu wurde ihnen eine Woche im 5 Sterne-Hotel mit allen Schikanen spendiert, was die Band ausnutzte. Dann kam der Auftritt, die Plattenfirma machte klar: wir haben euch viel gegeben, nun gebt alles für uns. Was folgte war Chaos. Mitch Ryder tauchte, stark angetrunken, viel zu spät auf. Es folgte der Streit in der Kabine, das Interview mit Alan Bangs. Aber auf der Bühne war er plötzlich voll da und lieferte eines seiner besten Konzerte.

Tatsächlich war der Auftritt Mitch Ryders ein Knüller. In der Besetzung mit Joe Gutc (git), Richard Schein (git), Billy Csernits (key), Mark Gougeon (bass) und Wilson Owens (drums) lieferte Ryder einen für ihn typischen Auftritt ab, energetisch, alkoholgeschwängert, Rock'n'Roll mit einer guten Prise Soul und Funk und durchaus mal gut rockig mit Southernanleihen. Das alles ist auf der DVD erstklassig eingefangen. Dazu gibt es als Extra das denkwürdige Interview.

DVD 2 - Burg Satzvey 27.04.2004

Auch den Auftritt von Burg Satzvey gibt es auf DVD in voller Länge. Mitch Ryder brachte zu dem Auftritt seinen Gitarristen Robert Gillespie mit. Dazu ließ er sich von der deutschen Band Engerling begleiten: Heiner Witte (git, back-voc), Wolfram Bodi Bodag (key, harp), Manne Pokrandt (bass, back-voc), Vincent Brisach (drums). Engerling und Ryder arbeiteten im Rahmen von Deutschlandkonzerten schon seit 1994 zusammen.

Ryder ist 2004 gealtert, aber stimmlich immer noch überzeugend. Die Authentizität des 1979er Gigs ist unvergleichlich, da kommt dieser Auftritt nicht heran. Aber nun gut, 2004 ist nicht 1979 und Burg Satzvey ist nicht Grugahalle Essen. Dennoch liefert Ryder mit Gillespie und Engerling auch 2004 ein amtliches Paket ab, wobei der Gig m. E. etwas stärker nach Blues riecht. Ryder wird auf dem Interview mit dem legendären Auftritt von 1979 und seiner persönlichen Show konfrontiert. Ryder äußert sich dazu in lockerer Weise, er habe eben seinen Gig so durchgezogen, wie er es wollte. Aber als gereifter Mann zeigte er sich ob der Einblendungen von damals doch ehrlich erschüttert (räusper…). Dazu gibt es auf DVD 2 noch ein Interview mit Engerling, in dem die Band erhellt, wie es zur Zusammenarbeit mit Ryder überhaupt kam.

Fazit Wieder ein Griff ins Rockpalast Archiv und erneut ist ein Volltreffer dabei herausgekommen. Mitch Ryder ist ein Unikum, er könnte als Urvater moderner US-Sänger durchgehen. Ryder ist lebender Rock'n'Roll. Und das präsentiert er Live besonders gut. Dies gilt in besonderer Weise für das 1979er Konzert, aber auch für den 2004er Auftritt. Als Paket ist das in sich stimmig, wer unverfälschte handgemachte Rockmusik mag, der muss hier zugreifen. Wer das einzigartige Geschehen während der 5. Rockpalast Nacht sehen möchte, der sollte eher zur DVD denn zur CD greifen.

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Trackliste

DVD 1 - Grugahalle Essen, Germany, October 6th/7th 1979

  1. Long Hard Road (6:17)(Mills)
  2. War (8:28)(Ryder, Levise)
  3. Nice 'n' Easy (6:56)(Ryder, Gabriel)
  4. CC Rider/Jenny Take A Ride (4:13)(Rainey, Arrant, Crewe, Johnson, Penniman)
  5. Ain't Nobody White (Can Sing The Blues) (8:32)(Ryder, Levise)
  6. Devil With A Blue Dress On/Good Golly Miss Molly (3:51)(Stevenson, Long/Blackwell, Marascalo)
  7. Liberty (5:15)(Cropper, Wells, Levise)
  8. Dance Ourselves To Death (9:04)(Ryder, Levise, Gabriel)
  9. Wicked Messenger (3:30)(Bob Dylan)
  10. Rock 'n' Roll (7:20)(Lou Reed)
  11. Tough Kid (5:39)(Ryder, Levise)
  12. True Love (7:07)(Ryder, Levise)
  13. Soul Kitchen (11:56)(Morrison, Manzarek, Krieger, Densmore)

DVD 2 - Burg Satzvey, Germany, February 27th 2004

  1. Yeah, You Right (6:42)(Levise)
  2. From A Buick 6 (5:00)(Bob Dylan)
  3. Everybody Loses (5:05)(Levise)
  4. True Love (7:33)(Ryder, Levise)
  5. The Porch (3:47)(Levise)
  6. Ain't Nobody White (Can Sing The Blues) (6:04)(Ryder, Levise)
  7. CC Rider/Jenny Take A Ride (4:19)(Rainey, Arrant/Crewe,Johnson, Penniman)
  8. Rock 'n' Roll (6:15)(Lou Reed)
  9. Freezin' In Hell (8:40)(Ryder, Levise)
  10. Subterranean Homesick Blues (6:17)(Bob Dylan)
  11. The Terrorist (4:57)(Levise)
  12. Red Scar Eyes (11:42)(Ryder, Levise)
  13. Devil With A Blue Dress On (4:30)(Stevenson, Long)
  14. Heart Of Stone (11:47)(Jagger, Richards)
  15. Gimme Shelter (13:35)(Jagger, Richards)
  16. It Wasn't Me (6:38)(Levise)
  17. Bass Intro/Little Wing (2:30)(Jimi Hendrix)
  18. Soul Kitchen (13:01)(Morrison, Manzarek, Krieger, Densmore)

Rezensent: MP